4. Was müssten Zeitmaschinen können?

Es soll ja in diesem Buch nicht der physikalische Aspekt der Realisierung von Zeitreisen im Fokus stehen. Aber wenn Zeitreisen denn überhaupt als möglich angenommen werden, was wir hier einmal unterstellen wollen, dann gibt es schon einige Aspekte, denen es sich zu widmen lohnt.

Wir haben uns die Definition aus Wikipedia angesehen und schnell bemerkt, dass man bisher gewohnte Begriffe vorsichtig gebrauchen muss oder sogar neu zu definieren hat. Das haben wir anhand der Wikipedia-Definition … vom gewöhnlichen Zeitablauf abweichen … bereits getan. Dabei haben wir erfahren, dass Zeitreisen mit einer Zeitgeschwindigkeit <> (ungleich) 1 ablaufen. Aber der erste Teil der Definition … ist eine Bewegung in der Zeit … sollte uns noch ein paar Gedanken wert sein. Wie ist das mit der Bewegung? Wer oder was bewegt sich bei Zeitreisen?

Bleiben wir einmal beim Cafébesuch, dessen halbe Stunde wir uns ersparen wollen. Wir wollen uns dabei gar nicht einmal so konkret mit der praktischen Umsetzung im Detail befassen. Ob wir irgendwie um eine halbe Stunde in die Zeit gebeamt werden, oder ob wir in eine Maschine steigen, die mit uns die Zeitreise vornimmt. Die Details lassen wir einmal beiseite. Was aber als grundlegende Tatsache angenommen werden darf, wenn die Zeitreise realisiert werden soll, ist ein konkreter geografischer Punkt auf der Erde und ein ebenso konkreter Zeitpunkt G in der Gegenwart, auf beziehungsweise an dem die Zeitreise beginnen wird. Das heißt konkret, dass es leicht nachvollziehbar einen Startpunkt für diese Zeitreise geben muss. Er kann einfach durch Zeitpunkt und geografische Ortsbezeichnung angegeben werden. Definieren wir den Startpunkt also einfach als eine Funktion PSt = P (tSt, gSt), wobei PSt der Startpunkt sein soll, der durch die Startzeit tSt sowie den geografischen Startkoordinaten gSt definiert ist.

Warum ist der geografische Ort für Zeitreisen wichtig? Nun, wenn man als Zeitreisender unterwegs ist, möchte man am Ende der Zeitreise zu einem gewünschten Zeitpunkt in der Zukunft oder auch in der Vergangenheit ankommen. Das betrifft das Wann. Aber wo kommen Sie an? Kann man als selbstverständlich voraussetzen, dass man am selben geografischen Ort ankommt, an dem man die Zeitreise begonnen hat? Nehmen wir an, Sie reisen 100 Jahre in die Zukunft. Sie starten von Ihrem Wohnzimmer aus. Wer sagt Ihnen, dass nicht an dem Zielort plötzlich ein großer Stahlhochofen steht. Das kann eine verdammt heiße Angelegenheit werden. Oder Sie möchten sich unbedingt einmal Dinosaurier in echt anschauen und für ein paar Millionen Jahre in die Vergangenheit reisen. Dumm, wenn Ihr Zielort geografisch der Magenmittelpunkt eines Dinosauriers ist. So genau wollten Sie es ja auch nicht wissen. Die Überlegungen bei Zeitreisen sollten sich also unbedingt auch damit befassen, ob sie örtlich unabhängig sind.

Als örtlich unabhängig sollte man Zeitreisen bezeichnen dürfen, wenn der geografische Startpunkt mit dem geografischen Zielort übereinstimmt – wobei dies das Problem mit dem eventuell vorhandenen Hochofen nicht löst. Aber selbst wenn Start- und Zielort identisch sind, ist es doch eine Überlegung wert, was eine Zeitmaschine bewerkstelligen muss. Nehmen wir wieder einmal unser Cafébeispiel. Sie wollen die halbe Stunde im Café überspringen und eine halbe Stunde in die Zukunft reisen. Die Zeitreise selbst soll wie gehabt fünf Sekunden dauern. Was passiert in diesen fünf Sekunden?

Nun, auf jeden Fall bleibt die Erde nicht stehen, sie dreht sich kontinuierlich weiter. Laut Wikipedia beträgt der mittlere Erdradius R = 6.378.137 m. Bitte beachten Sie auf jeden Fall auch, dass die Erde keinesfalls ideal rund ist. Vielmehr muss die Erde als Ellipsoid bezeichnet werden, da sie an den Polen abgeflacht ist. Bezogen auf den mittleren Erdradius können wir mit U = 2 x R x π den mittleren Erdumfang berechnen zu 40.075.016,7 m. Nehmen wir den Tag mit 24 Stunden an, dann dreht sich der Erdumfang in fünf Sekunden

U x 5 s/24 h = 2.319 m.

Während wir also mittels Zeitmaschine fünf Sekunden benötigen, um uns die halbe Stunde im Café zu ersparen, ist unser Café 2.319 m mit dem Erdumfang weiter gewandert. Es wäre deshalb sehr angenehm, wenn unsere Zeitmaschine diese 2.319 m berücksichtigen könnte. Vielleicht ist ja in 2.319 m Entfernung ein Parkhaus und Sie landen genau in einem der Stahlträger dort. Das bedeutet also, dass eine örtlich unabhängige Zeitreise den Zeitreisenden geografisch bewegen muss. Das resultiert eben aus dem Umstand, dass die Erde sich dreht.

Anmerkung:

Dass die Erde sich nicht nur dreht, sondern auch auf einer Umlaufbahn um die Sonne wandert, lassen wir hier einmal ebenso außer Acht, ebenso wie Bewegungen unserer Galaxie.

Andererseits sind die fünf Sekunden nur die halbe Wahrheit. Immerhin ist es ja so, dass wir eine halbe Stunde in die Zeit reisen. Währenddessen hat sich die Erde im Vergleich zum Startzeitpunkt eine halbe Stunde lang weiter gedreht. Das entspricht einer Entfernung auf dem Erdumfang von 834.896,2 m, also ungefähr 835 km. Und wer weiß schon, was sich in 835 km Entfernung vom Café befindet.

Welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen? Auf jeden Fall die, dass eine Zeitmaschine, wie immer sie auch geartet sein muss, die Geografie von Start- und Endzeitpunkt der Zeitreise in Abhängigkeit der Zeitdauer für die Reise selbst und die Zeitdauer, die in die Vergangenheit oder Zukunft gereist werden soll, berücksichtigen muss. Nun kann man sich noch zwei Begebenheiten denken:

Fall 1: Die Zeitmaschine reist mit in die Zeit, was sehr praktisch ist, wenn man wieder zurück möchte.

Fall 2: Die Zeitmaschine reist nicht mit in die Zeit.

Der erste Fall wirkt aus praktischer Sicht eher sinnvoll und ist nicht von vorneherein undenkbar. So etwas wurde im Roman von H. G. Wells beschrieben und in dem Filmklassiker „Die Zeitmaschine“ erfolgreich verfilmt.

Im zweiten Fall müsste die Zeitmaschine das in die Zeit zu transferierende Objekt ständig unter Kontrolle haben, auch in zeitlicher Distanz, was wohl noch unwahrscheinlicher ist. Erst recht, wenn man ein Objekt aus beispielsweise 1.000 Jahren Entfernung zurückholen will.

Aber ein dritter Fall wäre auch noch denkbar:

Dies ist eine Leseprobe!

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