1. Das Pech eines Zeitreisenden

Bevor wir mit einem leeren Blatt Papier beginnen und uns dem Hauptthema: Was wäre, wenn Zeitreisen möglich wären, widmen, schauen wir uns zur Auflockerung kurz diese einleitende Geschichte an, die man auch die 6-Wochen Endlosschleife hätte nennen könnten.

Keine Frage, jeder wüsste gerne, ob und wie Zeitreisen möglich wären, ab wann und wo man sie buchen kann. Aber sollte man für eine solche Reise nicht auch ein wenig vorbereitet sein? Was wäre denn, wenn Zeitreisen möglich wären? Worauf müsste man achten? Wäre es so, wie es in zahlreichen Filmen suggeriert wird?

Wer sich näher mit dem Thema Zeitreisen beschäftigt, bekommt leicht einen Knoten im Gehirn und fühlt sich schnell logisch überfordert. Aber was offenbart sich dem Zeitreisenden? Können Zeitreisen gefährlich sein? Ein paar Gedanken sollte man vielleicht doch der Frage widmen: Was wäre, wenn Zeitreisen möglich wären.

Versetzen wir uns für einen kurzen Augenblick in den Alltag eines Zeitreisenden, einfach nur mal so, als logische Gedankenübung. Wir kümmern uns hierbei überhaupt nicht darum, wie Zeitreisen praktisch funktionieren oder funktionieren könnten. Für die folgenden logischen Betrachtungen nehmen wir deshalb Zeitreisen als möglich an. Eine Zeitmaschine steht zur Benutzung bereit – Punkt. Allein die logische Thematik soll uns hier interessieren.

Nur eine Kleinigkeit setzen wir voraus, bevor wir mit unseren Gedanken an die Arbeit gehen:

Wir nehmen an, Sie sind im Besitz einer Zeitmaschine. Damit können Sie Zeitreisen in die Vergangenheit und in die Zukunft unternehmen. Dabei reist die Zeitmaschine jeweils mit, was natürlich praktisch ist, falls Sie wieder zurück möchten. Auf Ihren Zeitreisen vermögen Sie all das zu tun, was Ihnen die Gegenwart auch ermöglicht.

Was passiert eigentlich alles auf Zeitreisen? Schauen wir uns an, ob man als Zeitreisender ein glücklicher Lottogewinner werden kann oder ob man stattdessen ganz andere Probleme zu lösen hat.

Sie haben sie also, eine Zeitmaschine, von der so viele träumen. Sie gehen ins Internet, laden die Lottozahlen der letzten sechs Wochen herunter und planen einen Kurztrip sechs Wochen in die Vergangenheit. Nur eben die Lottoscheine ausfüllen und ab zurück, in die für Sie luxuriöser gewordene Gegenwart.

Wir wollen uns die Zeitreise kurz grafisch verdeutlichen. Dazu nehmen wir einen Zeit-Ereignisstrahl (TE), der den Zeitablauf von der Vergangenheit V bis zur Zukunft Z sowie die jeweiligen Ereignisse repräsentiert. Irgendwo auf diesem Zeit-Ereignisstrahl TE gibt es den aktuellen Gegenwartszeitpunkt G. Von diesem Zeitpunkt G aus planen Sie nun die Reise in die sechs Wochen zurückliegende Vergangenheit. (Anmerkung: Begriffe wie beispielsweise Zeit-Ereignisstrahl werden definiert, wenn wir das Thema grundlegend angehen. Dieses Kapitel soll nur etwas auflockern.)

Bild 1: Zeitreisenverlauf - Logik

Wie stellt sich der Plan nun graphisch dar?

Bild 2: Zeitreisenverlauf - Logik

Die Zeitreise zur Realisierung des Lottogewinnes lässt sich wie folgt beschreiben:

Sie reisen mit der Zeitmaschine von Ihrem Gegenwartszeitpunkt G aus sechs Wochen mit einem Zeitsprung S1 in die Vergangenheit zu dem Zeitpunkt V-6 Wochen, was alles noch auf dem Zeit-Ereignisstrahl TE1 passiert. Ihre Ankunft, sechs Wochen in der Vergangenheit ist ein Basisereignis, das auf dem Zeit-Ereignisstrahl TE1 nicht stattgefunden hat. Dadurch bedingt entsteht also ein neuer Zeit-Ereignisstrahl TE2, der je nachdem, welche Ereignisse Sie auf Ihrer Zeitreise so alles auslösen, sich mehr oder weniger in der Summe der Ereignisse vom Zeit-Ereignisstrahl TE1 unterscheiden wird. Der Zeit-Ereignisstrahl TE2 unterscheidet sich von dem Zeit-Ereignisstrahl TE1 dadurch,

  • dass Sie nun auf dem Zeit-Ereignisstrahl TE2 in dem Zeitraum V-6 Wochen bis zu Ihrer Abreise zurück zur Gegenwart G doppelt vorhanden sind.
  • dass Ereignisse wie das Basisereignis Ihrer Ankunft als Zeitreisender und sämtlicher daraus resultierenden Folgeereignisse jeweils nur auf dem Zeit-Ereignisstrahl TE2 stattfinden.

Sie bleiben eine kurze Zeitspanne ∆t in der Vergangenheit, gerade so lange, dass Sie in Ruhe die Lottoscheine ausfüllen können. Danach reisen Sie mit einem Zeitsprung S2 wieder zu Ihrem Gegenwartszeitpunkt zurück, was den Zeit-Ereignisstrahl TE3 entstehen lässt, da die Ankunft von Ihnen als Zeitreisender zum Gegenwartszeitpunkt G auf dem Zeit-Ereignisstrahl TE2 normalerweise nicht stattgefunden hätte. Wird der Plan in dieser Art umgesetzt, können Sie die Lottoscheine einlösen – so jedenfalls lautet der Plan.

Ist der Plan vielversprechend? Sind Probleme zu erwarten? Wo zum Beispiel landet man, wenn man in der Vergangenheit ankommt? An demselben Ort, an dem man die Zeitreise begonnen hat? Wie lange mag eine solche Zeitreise für den Zeitreisenden dauern? Wenn man am Ziel der Zeitreise an derselben Stelle ankommt, an der man die Zeitreise begonnen hat, wie sieht dann die Rückreise zum Zeitpunkt G nach getaner Arbeit aus? Sie reisen gerade ab und kommen gleichzeitig gerade an, an derselben geografischen Stelle. Ist man sich da nicht selbst im Weg?

Jetzt nehmen wir einmal an, dass Sie bei Ihrer Ankunft in der Vergangenheit vom Pech verfolgt werden. Sie landen beispielsweise auf einer Landstraße. Sie können gerade noch einem herannahenden Lastwagen ausweichen. Leider wird die Zeitmaschine von eben diesem Lastwagen überrollt und ist unrettbar zerstört. Sie können sich auch ein anderes Unglück ausdenken, das dazu führt, dass die Zeitmaschine ihre ewige Ruhe findet. Dumm gelaufen, shit happens. Aber was nun? Stoff für einen Roman? Was würden Sie tun?

Wie sieht der Lagebericht aus?

  • Sie befinden sich in der Vergangenheit – sechs Wochen zurück.
  • Sie haben die Lottoscheine mit den Zahlen der nächsten sechs Wochen ausgefüllt und abgegeben.
  • Ihre Zeitmaschine ist unrettbar zerstört.
  • Zeitreisen sind für Sie – mangels funktionierender Zeitmaschine – nicht mehr möglich. Sie müssen in der Zeit bleiben, in der Sie sich befinden.

Umgebungsbedingungen:
Sie sind in die Vergangenheit gereist. Per Definition passiert hier das, was bereits einmal passiert ist. Genauer gesagt, ist es jedoch noch nicht passiert, nur für Sie als Zeitreisender scheint es, als ob die Ereignisse bereits passiert sind, da Sie das Wissen der Geschehnisse bis zu Ihrer Gegenwart G mitgebracht haben. Aber vor allem: Sie selbst sind nun ebenfalls in der Vergangenheit anwesend – jetzt allerdings zweimal.

Analyse:
Jetzt wollen wir einmal unsere Logikfähigkeiten aktivieren und analysieren, was nun passiert, beziehungsweise welche Optionen denkbar sind. Allerdings wollen wir logisch bleiben und keine abstrusen unphysikalischen Gesetze ins Spiel bringen.

Fangen wir da an, wo die Zeitreise in die Vergangenheit beginnt. Da wir die Zeitreise in die Vergangenheit betrachten, schauen wir uns am besten die Definition der Vergangenheit (ausgeliehen bei Wikipedia) an:
Die Vergangenheit ist die Menge aller zeitlich zurückliegenden Ereignisse. Die Vergangenheit besteht dabei aus der Menge aller Ereignisse, die kausal mit dem als Gegenwart bezeichneten Ereignis verbunden sind, diese also beeinflussen konnten.

Da wir alle an der Vergangenheit und den zurückliegenden Ereignissen, die die Vergangenheit gebildet haben, teilgenommen haben, sind Sie ab Eintritt der Reise in die Vergangenheit doppelt vorhanden. Einmal als Zeitreisender und einmal als die Person, die schon immer vorhanden war. Soweit ist alles noch überschaubar und recht logisch. Um keine persönlichen Befindlichkeiten aufkommen zu lassen, sprechen wir ab jetzt besser nur noch von den Personen P1 und P2,

  • wobei P1 die Person sein soll, die bereits immer vorhanden war
  • und P2 die Person, die durch die Zeitreise von P1 entstanden ist.

Das folgende Szenarium ist im Zusammenhang mit der Zeitreise denkbar: Die Natur lässt keine Reisen in die Vergangenheit zu. Das könnte sich in den verschiedensten Ereignissen manifestieren:

  • Die Zeitmaschine funktioniert nicht.
  • Die Zeitreisende Person P2 stirbt mit Beginn der Zeitreise, oder sie löst sich auf, wird ausgelöscht.
  • … oder Reaktionen vergleichbarer Art.

Nun ja, wir haben keinerlei Hinweise über solche Fähigkeiten der Natur. Wenn man Natur sagt, ist im Grunde eine physikalische Wirkung gemeint. Eine Art Eliminationsgesetz, das versucht, über die Zeitgrenzen hinweg physikalische Aktionen auszulösen, im Detail hier also das Eliminieren von Auswirkungen durch Zeitreisen. Es wäre nicht logisch, ein unbekanntes physikalisches Gesetz zu strapazieren, von dem es keinerlei Existenzhinweise gibt. Also ziehen wir dieses Szenarium nicht weiter ins Kalkül.

Anmerkung:
Für die Existenz von Zeitreisen gibt es ebenfalls keinerlei Hinweise, sodass dieselbe Argumentation hier ebenso greifen könnte und sich weitere Betrachtungen zu diesem Thema erledigen würden. Aber da Sie ja eine Zeitmaschine gefunden haben, fahren wir mit unseren logischen Betrachtungen dennoch weiter fort.

Nun ist Person P2 also in der sechs Wochen zurückliegenden Vergangenheit angekommen. Person P1 ist dort ebenfalls vorhanden. Welche Optionen sind nun möglich?

Option 1:
P2 besucht P1 und sie suchen gemeinsam nach einer Lösung.

Option 2:
P2 versteckt sich sechs Wochen und wartet, bis P1 von der Bildfläche verschwindet und in die Vergangenheit reist. Dass das passieren wird, ist der Person P2 ja aus eigener Erfahrung bekannt.

Betrachten wir zunächst einmal Option 1 etwas näher. Wie könnte eine Lösung überhaupt aussehen? Leben plötzlich beide Personen unbekümmert nebeneinander ihr Leben weiter? Unwahrscheinlich, da das Leben der beiden Personen auf einer identischen Historie aufbaut. Identische Wohnung, identische Familie (Eltern, Geschwister), identische Freunde, identische Bankkonten, identischer Lebenslauf, … Eine neue Existenz mit neuem Namen und Personalausweis würde auch bei staatlichen Organisationen Fragen aufwerfen. Außerdem ist P2 daran interessiert, die Lottoscheine nach sechs Wochen zu Geld zu machen. Eine friedliche Lösung scheint nicht so einfach zu realisieren zu sein.

Aber stellen wir uns einen Besuch von P2 bei P1 vor. P1 wird sicherlich schwer geschockt sein, plötzlich sein Double P2 zu treffen. Ihm (P1) stellt sich die Frage, ob er die Reise in die Vergangenheit überhaupt noch antreten muss, da er das ja offensichtlich bereits getan hat. Eine interessante Frage: Hat die Zeitreise überhaupt stattgefunden, wenn P1 sie nun nicht mehr antritt?

Nach einer Weile überlegen beide, was denn wohl passieren wird, wenn die sechs Wochen der Zeitreise verstrichen sind. P1 stellt in Aussicht, dass P2 sich dann „auflösen“ könnte, was für ihn (P1) eine echte Lösung darstellen würde. P2 erwidert aber, dass es dafür keinerlei Hinweise gibt. Wenn es einen solchen Mechanismus geben würde, wäre es eine Art Eliminationsgesetz, das Auswirkungen von Zeitreisen eliminiert. Falls es ein solches Eliminationsgesetz geben würde, hätte es rein logisch schon die Zeitreise selbst verhindern müssen.

P2 schlägt vor, dass P1, so wie er (P2) zuvor, die Zeitreise durchführt und damit ja von der Bildfläche verschwindet. P1 kontert daraufhin, dass die Zeitreise von P2 bereits Vergangenheit geworden ist und er deshalb auch wieder mit einer zerstörten Zeitmaschine rechnen muss. Das würde dann bedeuten, dass sich das Problem noch einmal verschärfen würde, da in Folge dieser Zeitreise eine weitere Kopie von ihm entstehen würde. Die einzige Lösung wäre das dauerhafte Verschwinden einer der beiden Personen. P1 schlägt vor, dass P2 einen aktiven Vulkankrater aufsucht und sich dort hineinstürzt. Das lässt keine Leiche von ihm zurück, die zu unangenehmen Fragen seitens der Polizei führen würde. P2 findet den Vorschlag gut, meint aber, dass nicht er, sondern P1 sich in den Vulkankrater stürzen sollte.

P2 schlägt vor, das P1 mit seiner noch vorhandenen Zeitmaschine weit in die Zukunft oder in die Vergangenheit reist und vor allem dort verbleibt. Für P1 scheint jedoch das Risiko zu groß. Was, wenn die Zeitmaschine dabei ebenfalls wieder zerstört wird und es kein Zurück mehr gibt? Beide sind sich sicher, dass das Risiko für sie zu groß ist. Sie wollten ja nur die Lottoscheine mit den wertvollen Lottozahlen realisieren, nicht aber als Zeitreisender eine ungewisse Zukunft erleben.

Schauen wir uns besser die Option 2 näher an, da Option 1 zu keiner wirklich sauberen Lösung führt.

P2 wartet also sechs Wochen. Der Unterschied zwischen P1 und P2 besteht unter anderem darin, dass P2 zum Zeitpunkt G sechs Wochen älter ist als P1, da P2 sechs Wochen in der Vergangenheit gelebt hat, was P1 ja nicht hat. P2 beobachtet zum Ende der sechs Wochen heimlich wie P1, so wie er zuvor, zum Zeitpunkt G mit der Zeitmaschine in die Vergangenheit reist. Einen Moment lang nur hat er geglaubt, dass das Problem damit gelöst sei. Er hat leider nicht bedacht, dass er dadurch, dass er sich sechs Wochen versteckt hat, diese Handlung ebenfalls zur Vergangenheit hat werden lassen. Der normale Zeit-Ereignisstrahl TE1 wurde durch die Zeitreise von P1 bzw. P2 verändert. Die Veränderung besteht darin, dass die Zeitreise stattgefunden hat, P2 die Lottoscheine ausgefüllt hat und sich sechs Wochen versteckt hat. Und natürlich dadurch, dass Person P1 nun ab dem Zeitpunkt V-6 Wochen doppelt vorhanden ist. Der normale Zeit-Ereignisstrahl TE1 wurde also durch die im Rahmen der Zeitreise stattgefundenen Ereignisse zu einem veränderten Zeit-Ereignisstrahl TE2.

Bild 3: Zeitreisenverlauf - Logik

Nun, zum Zeitpunkt G, als P2 den Start der Zeitreise von P1 auf dem Zeit-Ereignisstrahl TE2 beobachtet, da fällt P2 ein, dass, wenn P1 in die Vergangenheit reist, wieder eine Kopie von P1, nämlich P3 erzeugt wird. Zum Zeitpunkt V-6 Wochen sind also mit dem Erscheinen des Zeitreisenden die Personen P1, er selbst P2 und jetzt neu P3 vorhanden. Was, wenn nun die Zeitmaschine wieder zerstört wird, was ja anzunehmen ist, zumal P2 seine eigenen zur Vergangenheit gewordenen Geschehnisse ja kennt? Was, wenn die Kopie P3 sich wiederum sechs Wochen versteckt? …

Abwarten, sich verstecken und nichts tun stellt offensichtlich keine Lösung dar. Es würde eine 6-Wochen Endlosschleife entstehen, die immer wieder neue Kopien der Person P1 erzeugen würde. So logisch und einfach sich das zweifache Vorhandensein einer Person bei einer Zeitreise in die Vergangenheit auch darstellt, so logisch, wenn auch ganz und gar nicht mehr so einfach, sind mehrfache Kopien des Zeitreisenden bei mehrfachen Zeitreisen.

Interessiert es Sie, einmal tiefer einzusteigen, und die Frage: Was wären, wenn Zeitreisen möglich wären, von Grund auf logisch zu analysieren? Wurde Ihr Interesse an diesem Thema geweckt? Dann sind sie recht herzlich eingeladen, hier weiter zu lesen und einfach einmal eine gedankliche Zeitreise zu unternehmen und das Thema Zeitreisen grundsätzlich logisch aufbauend unter die Lupe zu nehmen.

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