Pro Bono Corona
Taugt das für einen Romaneinstieg?
Oder sollte ich einfach warten, bis das Realität geworden ist?

Pro Bono Corona

Er rechnete mit tausend Personen – die weitläufige Reithalle würde gewiss auch mehr Personen verkraften. Fünfzigtausend von ihnen sollte es geben, weltweit. Diese Schätzung hatte er im Darknet gelesen. Er selbst glaubte nicht an diese Zahl. Idioten, die mal jemanden weggemacht hatten, die zählte er nicht mit. Ob seinem Aufruf überhaupt eine nennenswerte Zahl folgen würden – er würde es bald erfahren.

Carlos wusste um das Risiko, aber es ging nicht nur um seine Existenz, die Zukunft seiner gesamten Zunft stand auf dem Spiel, so hatte er es verkündet. Noch nie hatte es eine solche Zusammenkunft gegeben. Von ein paar Treffen einiger weniger seiner Kollegen hatte er immer mal wieder gehört, da soll es um Großaufträge gegangen sein – Aufträge, die mehr als einen von ihnen erforderten. Aber das waren Ausnahmen. Er musste den Leuten Sicherheiten bieten, dafür würde er mit seinem Namen stehen. Ha, Carlos – niemand kannte seinen richtigen Namen. Er selbst hatte ihn schon fast vergessen, er spielte keine Rolle mehr in seinem Leben.

Bei diesem Treffen würde er seine Anonymität aufgeben und sich seinen Kollegen zeigen müssen, sein Gesicht wäre danach bekannt. Es behagte ihm nicht, aber seinen Kollegen dürfte es nicht anders gehen. Jeder von ihnen scheute das Licht der Öffentlichkeit. Man kannte sich bisher bestenfalls mit dem Namen, der in der Regel nie der richtige war. Viele wussten von einem Carlos, aber nur ganz wenige seiner Kollegen hatten ihn mal getroffen. Eine Gruppe seiner Kollegen hatte er im Vorfeld dafür gewinnen können, sich als Security zur Verfügung zu stellen. Keine Waffen, keine Kameras, keine Handys und die komplette Durchsuchung sowie das Abtasten aller Personen, das war das Mindeste. Und natürlich der Fluchtweg, das war die Achillesferse. Sollten die Bullen von so einem Treffen erfahren … Jeder würde selbst entscheiden müssen, wie weit er das Risiko eingehen würde.

Der weiße Sand als Bodenbelag für die Pferde verlieh der Halle einen wohligen Strandflair. Kieferfarbene Holzwände mit hellen Lichtflächen oberhalb bildeten die Wände der Halle. Gewaltige Holzverbinder trugen das Dach und gaben der Halle ein beruhigendes Sicherheitsgefühl. Dennoch, es war sein erster Impuls beim Betreten der Halle, die Ein-und Ausgänge einzig an den beiden Stirnseiten boten ihm zu wenig Fluchtmöglichkeiten. Aber hier sollte niemand an Flucht denken müssen, nicht heute. Ein kleines Podest mit Tisch und Stuhl sowie zahlreiche Stuhlreihen mit ein paar Mikrofonen an den Rändern war alles, was die Halle bot.

Nichts sollte die Versammlung und ihre Teilnehmer verraten. Nur ein großes Plakat hing über dem Podest, das musste genügen. Carlos grüßt euch, hatte er darauf drucken lassen. Und er selbst stand dort oben. Er wusste, was für eine Zielscheibe er hier und heute abgab.

Den Kopf leicht gesenkt, unscheinbar, betraten die ersten Gäste die Halle. Hubschrauber kreisten seit Tagen über dem Gelände, Motoradfahrer schlichen langsam vorbei. Er hätte es nicht anders gemacht, man musste ja wissen, wie es um die Örtlichkeiten stand, welche Fluchtwege es gab. Nach und nach füllte sich die Halle, was er niemals für möglich gehalten hatte. Über tausend Personen sollten es nun sein, sagte ihm die Security, die immer mehr Sitzgelegenheiten aufstellten.

Carlos sah auf seine Uhr. Fünfzehn Minuten über die Zeit. Es war ruhig. Niemand tuschelte mit seinem Nachbarn, nur ein nervöses Hin und Her auf den Stühlen prägte die Geräuschkulisse. Er stand auf und nahm das Mikrofon in die Hand. »Fangen wir an«, sagte er. »Hallo! Ich bin Carlos. Ich bedanke mich für euer Kommen und werde es kurz machen und von meinem letzten Auftrag berichten. Das erklärt sicher alles.« Ein Blick in die Menge ließ ihn erstaunen. Erst jetzt nahm er wahr, dass sich eine beachtliche Anzahl Frauen unter den Gästen befand. Er hatte nie über so etwas nachgedacht, aber es war im Grunde nur logisch.

Jetzt hatte er ihre volle Aufmerksamkeit. Ein Blick zu den Ausgängen und den dort platzierten Securityhelfern signalisierte ihm, dass alles okay war. »Ich musste den Tatort auskundschaften, ihr kennt das. Es war hier in Deutschland. Unauffällig und unsichtbar will man dabei vorgehen. Mögliche Fluchtwege wollen erkundet und ausprobiert werden.« Carlos hielt kurz inne und ließ sein Blick über die Menschenmenge schweifen. Er sprach erstmalig in seinem Leben vor Leuten und wunderte sich, dass er das konnte. Die Teilnehmer saßen zurückgelehnt auf ihren Stühlen, die Beine übereinandergeschlagen, sie wirkten gelöster nach diesen ersten Worten.

»Aber jetzt!«, schrie er ins Mikrofon. »Jetzt spricht mich ein Idiot an und meint, ich müsste einen Einkaufskorb mitnehmen. Auf der Straße werde ich von den Bullen angehalten und gefragt, wo ich wohne, wohin ich möchte und warum ich unterwegs bin. Im Restaurant sollte ich mich in eine Liste eintragen oder mein Handy mit meinem Impfausweis zeigen.« Er trat einen Schritt zurück und gab ihnen damit zu verstehen, dass er eine kurze Pause einlegte, in der sie das Gesagte sacken lassen konnten.

Ein Raunen erfasste die Halle. Der Damm war gebrochen. Die Leute schauten nicht mehr nur nach vorne, wo er stand. Sie sahen sich zur Seite um, zu ihren Nachbarn, in dessen Augen sie die Bestätigung erfuhren, dass es ihnen ebenso erging. Sie hatten es verstanden.

»Ihr versteht, worauf ich hinaus will. Eure Anonymität ist futsch! Klar, die Masken im Gesicht kommen uns oftmals sogar entgegen und erleichtern unseren Job. Aber jetzt werdet ihr angesprochen, es gibt Leute, die euch identifizieren können. Ihr hinterlasst Spuren, die ihr nicht hinterlassen wollt. Aber damit nicht genug. Was glaubt ihr, was euch nach der Erfüllung eures Auftrages auf eurem Fluchtweg passieren wird? Straßensperren gibt es bereits. Mit Kontrollen der Bullen müsst ihr jederzeit rechnen. Ein Ausweichen ist unmöglich. Die Menschen dürfen einen gewissen Radius zu ihrer Wohnung nicht verlassen. Ihr werden kontrolliert. Ihr …« Carlos hielt erneut inne. »… Wir sind am Arsch. Kein Killer kann sich mehr sicher sein. Niemand wird mit diesen Risiken leben wollen und arbeiten können. Um es auf den Punkt zu bringen: Es muss sich etwas ändern.«

Carlos setzte sich auf seinen Stuhl, legte das Mikro auf den Tisch und wartete ab. Das Tuscheln wurde lauter, bis endlich jemand an eines der aufgestellten Mikrofone ging. »Das ist uns allen nur zu gut bekannt«, sagte er. »Aber was sollen wir dagegen machen? Wir können uns ja kaum beschweren.«

Carlos nahm das Mikro vom Tisch, blieb sitzen und sprach: »Hat jemand eine Idee, was passieren müsste, damit der Corona-Wahnsinn wieder verschwindet?«

Der Redner von vorhin stand noch an seinem Mikro. »Carlos, du musst doch eine Idee gehabt haben, als du uns zu dieser Veranstaltung eingeladen hast. Wir können ja kaum alle Politiker wegmachen.«

Carlos nickte. »Das wäre auch keine gute Lösung, da die Nachfolger sicher ähnlich agieren würden. Aber ich frage zunächst einmal in die Runde: Wollt ihr überhaupt, dass der Corona-Hipe gestoppt wird? Ich frage, weil ja auch unter euch Leute sein können, die sich haben impfen lassen, weshalb auch immer. Also bitte, hebt eure Hand, falls ihr für Änderungen bei diesem Corona-Scheiß seid.«

Zögerlich, aber deutlich hoben sich ihre Hände, alle Hände, soweit er das zu beurteilen vermochte.

»Okay!«, sagte Carlos und erhob sich. »Das wäre geklärt. Ich registriere eine überwältigende Mehrheit.« Er spürte sein Herz klopfen, sein Puls raste. Sie waren auf seiner Seite. »Wir bilden hier keine Arbeitsgruppen«, fuhr er fort. »Ich werde euch sagen, was möglich ist. Später werdet ihr entscheiden müssen.« Er zeigte mit der ausgestreckten Hand auf die Masse der Menschen. »Ihr!«, wiederholte er.

Es hielt ihn nicht mehr auf seinen Füßen. »Gut«, sagte er. »Von vorne.« Er lief das kleine Podest auf und ab. »Die Politiker aller Länder agieren im Gleichschritt. Vorbei an bestehenden Gesetzen rufen sie einen Notstand aus und spielen Diktatur.« Er stoppte. »Nur, dass das kein Spiel ist!«, schrie er. »Aber seit wann interessiert es die Menschen, was die Politiker sagen?«, fragte er betont leiser und langsamer. »Unzählige Politiker haben schon so viel Mist erzählt, warum hören sie nun plötzlich auf sie und geben bereitwillig ihre Freiheit auf?« Er klopfte auf das Mikrofon. Die Lautsprecher übertrugen das Klopfen überdimensioniert mit einem Echo in die Halle, womit er ihre Aufmerksamkeit steigerte. Er langte zum Tisch, ergriff eine Tageszeitung, die er dort platziert hatte, und hielt sie der Menge entgegen. »Weil die Medien … weil alle Medien diesen Scheiß Tag für Tag wiederholen! Sie machen den Leuten Angst. Und deshalb lassen sie alle Restriktionen über sich ergehen. Das kann kein Zufall sein, aber das ist nur meine persönliche Meinung.«

Carlos zog den Stuhl heran und nutzte ihn, um auf den Tisch zu steigen. »Das muss sich ändern!«, rief er ihnen hoch oben vom Tisch entgegen und pfefferte die Zeitung zu Boden. »Die Medienlandschaft mag vielschichtig erscheinen, doch es sind nur ein paar Familien, denen die Medienlandschaft gehört. Dahinter stehen regelrechte Dynastien, ein Geflecht von Politik und Wirtschaft, Korruption vom Feinsten. Leute, die Angst streuen. In jeder kleinen Zeitung gibt es Redakteure, die mit ihrer Angstschreibe die Angst der Menschen Tag für Tag füttern, ja, die sie überhaupt erst geschaffen haben.«

Carlos hielt erneut inne. Seine Arme mit dem Mikro hingen schlaff nach unten, seine Augen beobachteten die Masse. Er registrierte, wie sie an seinen Lippen hingen und seinen Worten lauschten. Plötzlich riss er das Mikro hoch. »Ihnen müssen wir die Angst nach Hause bringen«, sagte er entgegen aller Erwartung vollkommen ruhig. Das wäre unsere Aufgabe.« Er sprang vom Tisch und zeigte mit der ausgestreckten Hand auf die Masse. »Das wäre etwas für uns, der Teil eins meines Vorschlages.«

Mit beiden Händen umfasste er nun das Mikro und führte es langsam zum Mund. Leise, aber deutlich im Ton fuhr er fort: »Niemand wird euch … wird uns dafür bezahlen. Wir machen das für uns. Oder, wer es löblicher mag, es wäre eine Pro Bono-Leistung an die Gesellschaft. Die Schreiberlinge machen wir weg, oder wir nehmen ihnen ihre Liebsten und geben ihnen zu verstehen, dass sie demnächst neutral, ausgewogen und wahrheitsgemäß zu berichten haben. Ihre Nachfolger werden sich überlegen, ob sie in die Fußstapfen ihrer Vorgänger unterwegs sein wollen. Es wird eine Botschaft um die Welt gehen, dass Sie zu recherchieren haben, ob es stimmt, was sie schreiben.«

Jetzt lief er ein weiteres Mal das Podest auf und ab. Seine Schritte plante er nicht, sie folgten seinem Empfinden. Das Podest war ihm zu klein für die zügigen Schritte. »Aber!«, fuhr er wütend fort. »Die Familien, die Dynastien, denen die Medien gehören, die, die als Verantwortliche ausgemacht werden können, die werden allesamt weggemacht! Für sie gibt es kein Entkommen und …« Er stoppte abrupt und hielt im Reden inne. »Für diese Aufgabe gibt es einen Auftraggeber. Und dafür steht weiß Gott genügend Geld zur Verfügung. Dazu sage ich gleich etwas mehr. Das wäre Teil drei meines Vorschlags.«

Eine gespenstige Stille wich nun der angespannten Ruhe. Niemand wollte jetzt etwas verpassen. Er kannte diese Leute nicht, aber sie tickten wie er, das wusste er. »Es gibt noch eine andere Gruppe, die dem Getue der Politiker den Weg bereiten und ihnen den Rücken stärken.« Wieder hielt er inne und fühlte, wie ihre Ohren sich ihm zuwandten. »Richter und Staatsanwälte! Natürlich klagen die Menschen, weil man ihre Freiheiten beschränkt. Aber es gibt kein Recht mehr für die Menschen, keine Neutralität der Justiz und erst recht keine Unabhängigkeit der Justiz. Der Staat bestimmt hier. Das könnte uns ziemlich egal sein, aber es steht unserem Ziel entgegen, den Corona-Maßnahmen dem Garaus zu machen. Also müssen wir uns dieser Klientel widmen und die ins Jenseits befördern, die einfach nur den Politikern gehorchen.« Er hielt das Mikro ganz nah an seinen Mund, atmete laut aus und setzte sich wieder in den Stuhl, damit jeder mitbekam, dass er eine Pause einlegte. »Das wäre Teil zwei meines Vorschlags«, ergänzte er noch. »Ein Auftrag, der ebenfalls als Pro Bono-Leistung von uns erbracht werden müsste.«

Es war unübersehbar, wie es die Masse nicht mehr auf ihren Stühlen hielt. Sie beugten sich nach vorne, streckten sich, sahen sich nach hinten um und erhoben sich leicht, um die Reaktionen der Masse zu erleben.

Er wollte gerade noch etwas sagen, als ein Mann von seinem Stuhl aufstand und sich zum Mikrofon am Ende der Stuhlreihe hangelte. Sein langsamer Gang ließ ihn alt erscheinen, doch man sah ihm sein jugendliches Alter sogar von Weitem an. Mit der Hand strich er seine langen blonden Haare hinter die Ohren, ehe er sich dem Mikro widmete. Er räusperte leicht und platzierte sich mit seinem Mund auffällig nah ans Mikro. »Du redest da oben davon, dass wir alle hier«, sein ausgestreckter Arm fuhr in einem Bogen über die Menschmenge, »Hunderte oder Tausende Zeitungsschreiber eliminieren sollen.« »Wir alle hier« sein Arm strich die Masse der Zuhörer erneut ab, »sollen uns dem Risiko aussetzen, dass man uns erwischt, und das auch noch für lau! Das alles nur wegen Corona?«

»Corona muss weg!«, schrie ein anderer Mann ohne Mikrofon ein paar Reihen hinter ihm in die Menge. Jetzt erhob er sich und eilte ebenfalls zu einem der Mikrofone. »Corona wird unser Ende sein, das steht doch hier wohl außer Frage. Ich sehe das genauso wie Carlos.« Er blieb am Mikro stehen und schaute zu dem blonden Jüngling, der sich jedoch einfach nur wortlos wieder seinem Platz zuwandte.

Eine Frau am äußersten Rand einer Stuhlreihe, nur wenige Reihen vor dem Podest, stand auf und lief auf das Podest zu. Mit ein paar schnellen Schritten stapfte sie die Stufen empor. Ihre schulterlangen Haare federten im Auf und Ab ihrer Schritte. Sie nahm das Mikro vom Tisch, das Carlos dort abgelegt hatte. Mit der Hand strich sie ein paar Strähnen aus ihrem Gesicht. Das Mikro dicht vor dem Mund wollte sie gerade zum Reden ansetzen, als sie im letzten Moment einen fragenden Blick zu Carlos richtete, der ihr auffordernd zunickte.

»Jeder von uns kennt das Berufsrisiko. Sich erwischen zu lassen, Spuren zu hinterlassen, einen geplanten Fluchtplan plötzlich aufgeben zu müssen, zu improvisieren und es auf gut Glück zu versuchen, all dass kennt ihr alle. Das Risiko bedeutet Tod oder Knast – wem sage ich das.« Sie hielt kurz inne und ließ ihren Blick über die Masse streifen. »Ich bin jetzt knapp über dreißig«, sagte sie seelenruhig. Ihre helle Stimme bot eine Abwechslung zu den tristen Wortmeldungen der Männer. »Ich will nicht die nächsten dreißig Jahre oder länger im Knast schmoren!« Ihre Stimme tönte schrillend durch die Halle. »Nichts ist mehr planbar, keiner von uns kann sich mehr sicher sein!« Ihre Stimme übersteuerte das Mikro und sorgte für eine überdrehte Geräuschkulisse, die jeden in der Halle zusammenzucken ließ. »Dieses verdammte Corona ist ein Risiko zu viel, sage ich! Und schaut euch um, bitte, seht euch um. Wir sind viele. Wir können etwas bewirken. Ich bin dabei, Carlos.« Sie wollte das Mikro gerade zurücklegen, da hob sie es erneut an. »Gibt es einen Plan, Carlos?«, fragte sie und reichte das Mikro an ihn weiter. Aufrecht, wie sie gekommen war, verließ sie das Podest.

Carlos erhob sich aus seinem Stuhl, nickte dankend und ergriff das Mikro. »Einen Plan …« Carlos lächelte. »Mal ehrlich, ihr wäret nicht die, für die ich euch halte, würdet ihr einem Plan folgen wollen. Nein, es gibt keinen Plan! Ihr seid ja nicht blöde. Ihr nehmt von dieser Veranstaltung mit, dass nichts zu tun unser Untergang wäre, dass dieser Corona-Wahnsinn gestoppt werden muss. Das ist es, was ihr hier mitnehmen könnt. Ob ihr daraufhin in diesem Sinn tätig werdet, wird eure ureigenste Entscheidung sein. Ich für meinen Teil hege die Hoffnung, dass ihr zumindest mehrheitlich die Notwendigkeit hierzu einsehen werdet.« Erneut nutzte er den Stuhl, um auf den Tisch zu steigen.

Langsam strich sein Blick über die vielen Leute auf den Stühlen bis zum Ende der Halle. Ihre Unruhe stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie waren keine geübten Zuhörer. »Ich werde nun zum dritten Teil meiner Vorschläge kommen und etwas Licht ins Dunkle bringen«, sagte er mit energischer, aber beherrschter Stimme. »Es gibt einen Auftraggeber, der die Verantwortlichen für die Impfkampagne tot sehen will. Das wären die Meinungsmacher in den Medien, die Richter und Staatsanwälte, die Politiker und bestimmte Hintermänner, die Drahtzieher. Die Hintermänner sind die wahren Verantwortlichen, zumindest sieht der Auftraggeber das so. Er stellt über eine Billion Dollar zur Verfügung. Ihr könnt euch denken, dass diese Hintermänner zu den Mächtigsten der Welt gehören. Leute, die jeweils einen eigenen Securitystab für sich arbeiten lassen. Das ist zu viel und zu gefährlich für einen Einzelnen von uns. Details werdet ihr morgen im Darknet vorfinden. Konkret wird es so sein, dass ihr Listen vorfindet. Melden können sich alle von uns, nachdem sie mindestens einen der Ziele der Gruppe eins und zwei ausgeschaltet haben. Für jeden Kandidaten dieser beiden Gruppen stehen dreißigtausend Dollar im Raum. Das ist nicht viel, eben eine Art Pro Bono-Auftrag. Aber es ist die Eintrittskarte zur Gruppe drei. Die Ziele der Gruppe eins und zwei werden zuerst veröffentlicht. Der Clou dabei: Der Zeitraum für diese Gruppe ist eng getaktet. Innerhalb von vier Wochen sollte der Großteil abgearbeitet sein, damit die Regierungen nicht genügend Zeit haben werden, sich darauf einzustellen, was uns ansonsten die Arbeit erschweren könnte. Die Ziele der Gruppe drei verteilen sich über die ganze Welt. Ihr meldet euch für eines der Ziele dieser Gruppe an und entscheidet selbst, wie viele von euch jeweils für ein Ziel infrage kommen. Das Geld teilt ihr euch. Es wird ausreichend sein, um sich zur Ruhe setzen zu können, glaubt mir.«

Er atmete laut aus, die Lautsprecher verteilten seinen Atem in der Halle, bis sie jedem Zuhörer klargemacht hatten, dass er am Ende seiner Rede angelangt war. Er stieg vom Tisch hinab und setze sich darauf. Seine Beine baumelten verhalten über dem Boden, das Mikro lag auf seinem Schoß. Er wartete auf Fragen oder Reaktionen von seinen Kollegen. Es dauerte einen Moment, ehe sich die ersten von ihren Stühlen erhoben. Der eine oder andere stoppte an den Mikrofonen, als würde er etwas sagen wollen, doch schließlich verließen sie alle nach und nach die Halle. Niemand sah sich zu ihm um, niemand fragte nach einem Warum.

Er hatte sich eine solche Zusammenkunft spektakulärer und viel gefährlicher vorgestellt. Schließlich gab es viele Durchgeknallte in ihrem Milieu, das wusste er nur zu gut. Die Halle erwies sich als eine gute Wahl für ein solches Treffen. Mit diesem Gedanken verließ er das Podest, als seine Security-Mannschaft sich daran machte, die Stühle zusammenzutragen und die Halle wieder so herzurichten, dass nicht die geringste Spur auf ein solches Treffen hindeuten würde. Jetzt würden sie alle ihre Entscheidungen treffen müssen. Ob sie sich auf seine Vorschläge und die Bedingungen einlassen würden, wusste er nicht. Er würde es bald erfahren. Seine eigene Entscheidung hatte er längst getroffen. Nur kurz fragte er sich, ob man ihm seine Wahl bei seiner Rede angemerkt hatte. Und natürlich fragte er sich, ob er ebenfalls anwesend war, er, der so viel Geld für das Vorhaben bereitstellen will.

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