Jeder kennt sie: die Bluterkrankheit, eine angeborene, vererbbare Störung des Blutgerinnungssystems. Und ja, Hunde haben sie auch. Während sie beim Menschen fast ausschließlich an das X-Chromosom gebunden ist, kann diese Krankheit bei Hunden beide Geschlechter gleich häufig betreffen. Bekannt geworden ist die Krankheit unter dem Namen von-Willebrand-Syndrom. Mögliche Symptome sind:
Wiederholte Magen-Darm-Blutungen – mit oder ohne Durchfall, Nasenbluten, Zahnfleischbluten, verlängerte Blutung bei der Läufigkeit, Lahmheit durch Blutungen in den Gelenken, Hämatome auf der Körperoberfläche, exzessive Blutungen von zu kurz geschnittenen Nägeln, nach dem Kupieren der Rute, nach einem Kaiserschnitt oder nach sonstigen Operationen. All diese Symptome können in verschiedenen Ausprägungen vorkommen, müssen es aber nicht.
Von-Willebrand lässt sich in drei Typen unterscheiden. Betroffen hiervon sind viele Hunderassen, auch die Kromfohrländer. Sie weisen jedoch zumeist die harmloseste Variante vom Typ 1 auf, bei der der von-Willebrand-Faktor im Blut in geringerer Menge als normal vorliegt.
Ich möchte hier nicht weiter auf die Ausprägungen dieser Krankheit eingehen. Was ich aber nicht unerwähnt lassen möchte, ist die Wucht der Erkenntnis. Ein genetischer Einschlag mitten ins Schmerzzentrum, wie er schlimmer nicht hätte kommen können. Warum? Weil es danach aussieht, als seien sehr, sehr viele Kromfohrländer von dieser Krankheit betroffen.
Bereits seit 2008 gibt es Hinweise auf das Vorliegen der von-Willebrand Erkrankung auch bei den Kromfohrländern. Neueste genetische Erkenntnisse hierzu manifestieren diesen Verdacht nun. Mein Anliegen ist es wachzurütteln. Die Erkenntnisse der Genetik schreiten schnell voran, schneller als vielen lieb sein mag. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel kann man Krankheiten mit einer harmlosen Speichelprobe erkennen und recht präzise Vorhersagen über deren Vorhandensein auch bei den Nachkommen treffen. Welcher Züchter will da nicht Näheres erfahren, um Schlimmeres zu verhindern?
Ja, die Gene sind brutal. Sie sind so etwas wie die Bits im Computer. Entweder 0 oder 1. Das von-Willebrand-Gen, genauer Allel, ist entweder vorhanden oder nicht. Der Hund kann von-Willebrand frei sein, aber auch Merkmals- oder Anlageträger. Nach bisherigen Erkenntnissen erkranken Anlageträger in aller Regel nicht, aber sie können die Krankheit vererben. Beim Merkmalsträger kann die Krankheit jederzeit ausbrechen und er kann sie als Merkmalsträger in dieser Form weitervererben.
Eine wichtige Frage hierbei betrifft den Erbgang. Dominant ist der Erbgang definitiv beim Menschen. Bei Tieren soll es anders sein. Vieles spricht für einen autosomal rezessiven Erbgang. Möglicherweise ist das aber auch rassespezifisch differenziert zu betrachten. Beim Kromfohrländer jedoch spricht vieles für eine autosomal rezessive Vererbung. Was bedeutet das nun?
War es bis vor 1-2 Jahren gar nicht möglich, über den Nachweis und die Vererbbarkeit dieser Krankheit eine Zuchtlenkung zu steuern, ist das jetzt plötzlich anders. Die Vorhersage mittels Genprobe ermöglicht heute eine recht präzise Zuchtlenkung. Verpaart man zwei von-Willebrand freie Kromfohrländer, ist alles in Ordnung, die Nachkommen sind ebenfalls von-Willebrand frei. Aber auch die Verpaarung eines Anlageträgers mit einem von-Willebrand freien Träger ist möglich. Natürlich will kein Züchter riskieren, dass sein Hund diese Krankheit vererbt. Was kann und muss man als Züchter nun wissen? Was ist zu tun?
Zunächst wird ja heute jeder Züchter aus eigenem Interesse bei seiner Hündin einen Gentest manchen lassen – das hoffe ich doch sehr. Man will schließlich wissen, ob die Hündin von-Willebrand frei, Anlageträgerin oder sogar Merkmalsträgerin ist. Selbstverständlich gilt das auch für alle Rüdenbesitzer, die ihren Hund für die Zucht zur Verfügung stellen möchten. Tierärzte sagen unisono, dass Merkmalsträger von der Zucht auszuschließen sind. Für die Zuchtlenkung ist ein Gentest des für die Verpaarung angedachten Rüden ebenfalls unabdingbar, weil nur so eine Aussage über die Vererbung getroffen werden kann.
Mehr kann man leider nicht machen. Die Krankheit ist nicht heilbar. Aber man kann mithilfe von Zuchtlenkungsmaßnahmen dafür Sorge tragen, dass sie langfristig aus dem Genpool der Kromfohrländer verschwindet. Eine Verpaarung eines von-Willebrand freien Kromis mit einem Anlageträger ist möglich. Natürlich werden die Welpen zu ca. 50% Anlageträger sein, aber damit kann man ja leben. Außerdem sind die anderen 50 % von-Willebrand frei, was man als zuchtlenkungstechnischen Erfolg betrachten darf. Die Nichtbeachtung der genetischen Ausprägung bei der Verpaarung jedoch bedeutet die gleichgültige Inkaufnahme der Schaffung von Merkmalsträgern der von-Willebrand-Krankheit. Und das wird wohl niemand wollen.
Mit diesem Wissen verpaart der ProKromfohrländer e.V. Anlageträger nur noch mit Hunden, die die Erbanlage für von-Willebrand nicht in sich tragen. Letztlich liegt dem Kauf eines Welpen-Rassehundes mit einem Zuchtverein im Rücken ja auch eine Vertrauensbasis zugrunde. Auf dieses Vertrauen sollte der Käufer eines Welpen bauen können. Alles andere würde ja bedeuten, dass man die Zucht und den Verkauf von Welpen als von-Willebrand-Merkmalsträger in Kauf nimmt. Das würde jeden Zuchtverein als solchen disqualifizieren und ich persönlich würde ihm sogar die Daseinsberechtigung absprechen. Im Grunde ist das Vorgehen des ProKromfohrländer e.V. deshalb die einzig logische Konsequenz, weshalb ich diesen Verein besonders gerne unterstütze.
Wenn ich mit meinem Beitrag auch nur einen Züchter – egal, von welchem Verein – dazu bewegen konnte, eine Untersuchung bei MyDogDNA in Auftrag zu geben, so habe ich schon viel erreicht. Ich weiß natürlich sehr wohl um die Angst der Züchter, wenn das Ergebnis einen Merkmalsträger ausweist. Der Schlag sitzt tief. Aber ich weiß auch um die Welpen, die damit von dieser Krankheit verschont bleiben. Nur darum kann es gehen: Die Rasse der Kromfohrländer zu erhalten und die genetischen Krankheiten langfristig auszumerzen. Dazu muss man jetzt handeln!